Doch keine Spaltung der Gesellschaft?

 

Gute Nachrichten für Vielfaltsgesellschaft: das Verständnis über die Regeln des Zusammenlebens in Deutschland ist bei den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen weitgehend gleich. Dies hat die Bertelsmann Stiftung in einer repräsentativen Studie (Dez. 2018) „Bürgersinn in der Einwanderungsgesellschaft - was Menschen in Deutschland unter einem guten Bürger verstehen„  herausgefunden.
Die Studie geht davon aus, dass in gestiegener gesellschaftlicher Vielfalt Interessenkonflikte normal sind und dass es zu Demokratie gehört, diese nach fairen Regeln auszuhandeln und durch prosoziale Haltung in der Bevölkerung und eine Bereitschaft, sich in die Gesellschaft einzubringen, begleitet werden. Bürgersinn steht für Orientierungen, Einstellungen und Verhaltensweisen in Bezug auf Staat, Gesellschaft und Mitmenschen, die ein Gemeinwesen ermöglichen.
Die Ergebnisse der Studie belegen die belastbare Basis in Deutschland, das gemeinsame Zusammenleben in Konsens und in normativer Übereinkunft zu gestalten.

Es gibt einen großen Konsens bei der Beurteilung eines guten Bürgers. Die höchste Zustimmung erhielten „Gesetze befolgen“, „Respekt vor älteren Menschen zeigen“ und „eigenverantwortlich für sein Lebensunterhalt sorgen“ mit jeweils 98%. Interessante Feinunterschiede gab es zwischen den Antworten von Personen mit und ohne Migrationshintergrund; Migranten schätzen Eigenschaften wie Respekt vor Älteren und gegenüber Menschen anderer Religionen, Toleranz, Hilfsbereitschaft gegenüber Einwanderern, Umweltbewusstsein und das Achten auf Recht und Ordnung im eigenen Umfeld wichtiger ein als Personen ohne Migrationshintergrund. Für Personen ohne Migrationshintergrund sind „Wählen gehen“ und „sich über Politik informieren“ wichtiger. Bei den restlichen Eigenschaften wie z.B. Gesetze befolgen, Steuern zahlen oder für die Geschlechtergleichberechtigung eintreten sind die Präferenzen beider Gruppen ähnlich hoch. Laut der Studie ist nachvollziehbar, dass für Migrant*innen zwischenmenschliche Aspekte des Zusammenlebens wichtiger sind, zumal Teile von ihnen häufiger Ausgrenzungserfahrungen in der Gesellschaft machen.
Weiter differenzierte Antworten erhoffte die Studie durch die Auswertung des Geburtsorts (hat die Sozialisation in Deutschland Auswirkungen auf die Bewertung des Merkmals eines guten Bürgers?) und fand z.B. heraus, dass im Ausland geborene Migranten eine stärkere Sichtweise des „Sich-beweisen-Müssens“ an den Tag legen und dies in der höheren Präferenz für die Merkmale „Steuern zahlen“ und „Eigener Lebensunterhalt“ bemerkbar wurde.

Insgesamt haben die Unterschiede in den Antworten ihren Ursprung nicht so sehr an ethnischer Herkunft sondern eher machen sich sozioökonomische Faktoren, generationentypische Erfahrungen und individuelle Sozialisation im Lebensverlauf bemerkbar. Alter und Region haben bei den Befragten einen weitaus stärkeren Einfluss auf die Präferenzen als der Migrationshintergrund.

 

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IB_Buergersinn_in_der_Einwanderungsgesel
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